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Entwicklungsgeschichte der Kunststoffe

Vorstufen

Biopolymere und natürlich vorkommende Polymere werden von Menschen schon seit Urzeiten verwendet. Holz dient dem Menschen als Baumaterial und Wolle als Bekleidung. In Arabien wurden Wasserbecken und Kanüle mit natürlichem Asphalt abgedichtet. Ebenso wurden dort bestimmte Baumharze als Gummi Arabicum eingesetzt und nach Europa exportiert. Aus Osteuropa ist Bernstein als fossiles Harz für die Verwendung bei Pfeilspitzen und Schmuckgegenständen bekannt. Im Mittelalter wurde Tierhorn durch bestimmte Verfahrensschritte in einen plastisch verformbaren Stoff verwandelt. Bereits um 1530 wurde im Hause der Fugger nach einem Rezept des Benediktinermönches Bartholomäus Schobinger durchsichtiges Kunsthorn aus Ziegenkäse gefertigt und vertrieben.

Entwicklung einer Kunststoffindustrie

Im 17. und 18. Jahrhundert brachten Naturforscher aus Malaysia und Brasilien aus milchigen Baumsäften gewonnene elastische Massen mit. Hierfür wurde in Deutschland der Begriff Gummi eingeführt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich eine rasch wachsende Gummi-Industrie. Victor Regnault entdeckte das Vinylchlorid, aus dem sich Polyvinylchlorid herstellen ließ. Der Erfinder Charles Goodyear stellte 1839 fest, dass sich Gummi durch Zusatz von Schwefel vulkanisieren, d.h. dauerhaft elastisch machen lässt. Er fertigte aus dem neuen Material zunächst Gummihandschuhe. Um 1850 entdeckte er außerdem Hartgummi, ein durch Erhitzen in Gegenwart von Schwefel erhärteter Naturkautschuk, welcher anfangs als Ebonit vermarktet wurde. Daraus wurden zum Beispiel Schmuckstücke, Füllfederhalter, Klaviertasten, Tabakpfeifen und Teile von Telefonen hergestellt. Dieser erste Duroplast startete die Entwicklung der Kunststoffe als Werkstoff im Umfeld des Menschen.

Später wurde in England Cellulosenitrat zur Imprägnierung von Textilien und in den USA Schellack entwickelt. Im Jahre 1869 erfand John Wesley Hyatt das Celluloid und 3 Jahre später die erste Spritzgussmaschine. Adolf von Baeyer beschrieb 1872 die Polykondensation von Phenol und Formaldehyd. Der Werkstoff Galalith (aus Casein) wurde 1897 erfunden und ähnelt stark dem tierischen Horn oder Elfenbein. Man fertigte daraus zum Beispiel Knöpfe, Anstecknadeln, Gehäuse für Radios, Zigarettendosen, Spielzeuge, Griffe für Regenschirme und vieles mehr in den verschiedensten Farben.

Bis Ende des 19. Jahrhunderts war wenig über die genauen Strukturen polymerer Materialien bekannt. Man wusste lediglich aus Dampfdruck- und Osmosemessungen, dass es sich um sehr große Moleküle, mit hoher Molmasse handeln müsste. Fälschlicherweise war man jedoch der Meinung, dass es sich um kolloidale Verbindungen handelte.

Als Vater der Polymerchemie gilt der deutsche Chemiker Hermann Staudinger. Bereits 1917 äußerte er vor der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft, dass „hochmolekulare Verbindungen“ aus kovalent gebundenen langkettigen Molekülen bestehen. 1920 veröffentliche er in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft einen Artikel, der als Begründung der modernen Polymerwissenschaften gilt. Vor allem in den Jahren von 1924 bis 1928 folgten weitere wichtige Theorien über den Aufbau von Kunststoffen, die die Grundlage für das heutige Verständnis dieser Werkstoffklasse bilden. Für diese Arbeiten erhielt er 1953 den Nobelpreis.

Die Arbeiten von Staudinger ermöglichten der Chemie, nun auf der Basis gesicherter naturwissenschaftlicher Grundlagen, eine rasante Entwicklung auf dem Gebiet der Polymerchemie. Der belgische Chemiker Leo Hendrik Baekeland entwickelte zu Beginn des 20. Jahrhunderts – nach der oben beschriebenen Arbeit von Adolf von Baeyer – ein Verfahren zur Herstellung und Weiterverarbeitung eines Phenolharzes. Dieser von ihm Bakelite getaufte Kunststoff war der erste in großen Mengen industriell hergestellte synthetische Duroplast. Durch die guten elektrischen Eigenschaften wurde er u. a. in der aufstrebenden Elektroindustrie eingesetzt.

Der Münchner Chemiker Dr. Ernst Richard Escales gab 1910 der Werkstoffgruppe den Namen „Kunststoffe“. Die von ihm gegründete gleichnamige Zeitschrift erschien erstmals 1911. 1912 entwickelte Fritz Klatte ein industrielles Verfahren zur Herstellung von Polyvinylchlorid (PVC). Das von Otto Rühm 1928 angemeldete Patent zu Polymethylmethacrylat (PMMA – Handelsname „Plexiglas“) startete eine Ära, die bis heute anhält.

In Ludwigshafen wurde die „PS“-Produktion begonnen und 1931 bei ICI in Großbritannien erstmals Polyethylen hergestellt. Ebenfalls in Ludwigshafen begann 1934 die Herstellung von Epoxidharzen nach einem Verfahren von Paul Schlack. 1935 wurde gleichzeitig von Henkel (Mainkur) und Ciba (Schweiz) die Entwicklung von Melamin-Formaldehydharz und von DuPont die Entwicklung von Polyamid 6 (Nylon) beschrieben. Das von Paul Schlack 1937 hergestellte Polyamid 6 auf Basis von Caprolactam wurde Perlon getauft. Etwa zeitgleich begannen die Buna-Werke der I.G. Farben mit der Fertigung von Buna S und Buna N als synthetischem Gummi-Ersatz. Otto Bayer entwickelte in diesem Jahr Polyurethan in Ludwigshafen. Bei DuPont wurde 1938 der Kunststoff Polytetrafluorethylen (Teflon) entwickelt. 1939 folgte bei ICI Low-Density Polyethylen (PE-LD). Der Werkstoff Polyethylenterephthalat (PET) wurde von J. R. Whinfielt und J. T. Dickson bei Calico Printers im Jahre 1941 erfunden. 1942 entdeckte Harry Coover (USA) bei Eastman Kodak den „Sekundenkleber“ Methylcyanoacrylat.

Anfang der 1950er Jahre entdeckte der deutsche Chemiker Karl Ziegler, dass Katalysatoren aus Aluminiumalkylen und Titantetrachlorid die Polymerisation von Ethen zu Polyethylen schon bei Raumtemperatur erlauben. Bisher musste Polyethylen unter hohem Druck in Stahlautoklaven polymerisiert werden. Die nach Ziegler hergestellten Polymere zeigten auch bezüglich ihrer Kettenstruktur einen wesentlich höheren Ordnungsgrad und völlig andere Materialeigenschaften. Der italienische Chemiker Giulio Natta forschte, basierend auf den Arbeiten von Ziegler, erfolgreich an einem ähnlichen Verfahren zur Herstellung von Polypropylen. Heute sind die so hergestellten Polyethylene (PE) und Polypropylen (PP), neben Polystyrol (PS), die am häufigsten als Verpackungsmaterialien von Lebensmitteln, Shampoos, Kosmetika, etc verwendeten Kunststoffe. Ziegler und Natta erhielten im Jahre 1963 für ihre Arbeiten den Nobelpreis für Chemie.

Vor allem nach 1950 nahm aufgrund der zahlreichen Erfolge auf dem Gebiet der Polymerchemie die Produktion von Kunststoffen enorm zu. Durch die Entwicklung der Thermoplaste und insbesondere von entsprechenden Verarbeitungsverfahren konnten Formteile jetzt auf unschlagbar billige Weise hergestellt werden. Kunststoff wurde von einem Ersatzstoff mit besonderer Bedeutung zu einem Werkstoff für die industrielle Massenfertigung. In der Folge ging der Anteil der Duroplaste stetig zurück und lag im Jahre 2000 nur noch bei 15 %. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Kunststoffen lag im Jahr 2000 bei 92 kg in West-Europa, 13 kg in Ost-Europa, 130 kg in Nordamerika, 19 kg in Lateinamerika, 86 kg in Japan, 13 kg in Südost-Asien und 8 kg im Mittleren Osten/Afrika.

Die Kunststoffindustrie ist bis heute eine Wachstumsbranche, wobei die Herstellkapazitäten in Asien voraussichtlich zwischen 2006 und 2008 die führenden und etwa gleichstarken Regionen Europa und Nord-/Südamerika überholen werden.